Oft gefragt 

Wir gen gemeinsam, unsere Kampagne zur Aufklärung über Gentherapie bei Duchenne Muskeldystrophie, ist in erster Linie zusammen mit betroffenen und für betroffene Familien entstanden. Die häufigsten Fragen, die in unseren Gesprächen aufgekommen sind, haben wir hier gesammelt. Unsere Antworten sollen helfen, komplexe Themen der Gentherapie begreifbar zu machen und Unsicherheiten zu klären – kompakt und nachvollziehbar.

Ob eine Gentherapie infrage kommt, lässt sich nur durch eine genaue medizinische Abklärung feststellen. Dafür ist ein Besuch in einem spezialisierten neuromuskulären Zentrum notwendig. Eine Liste solcher Anlaufstellen in Österreich gibt es hier:

https://www.zukunftdermedizin.at/home/Krankheitsbilder/Spinale-Muskelatrophie/hilfreiche-adressen.html

Bei bestimmten Erkrankungen wie der Duchenne Muskeldystrophie ist nicht jedes betroffene Kind für die Gentherapie geeignet. Zum Beispiel spielt die genaue genetische Veränderung (Mutation) eine Rolle – manche Veränderungen schließen eine Therapie leider aus. Außerdem dürfen keine Abwehrstoffe (Antikörper) gegen den Trägervirus der Therapie im Blut nachweisbar sein. Ein spezieller Bluttest zeigt, ob diese Antikörper vorhanden sind.

Das Ärzteteam im spezialisierten Zentrum kann alle nötigen Untersuchungen durchführen und ausführlich beraten.

Nein, der Körper verändert sich äußerlich nicht durch eine Gentherapie. Das Erbgut (DNA) der Zellen des Körpers wird nicht verändert. Durch die Gentherapie wird gezielt durch unschädliche Virusvektoren ein Transgen in bestimmte Körperzellen gebracht, das im Zellkern der Zellen außerhalb der Chromosomen, d.h. des Erbguts, als Episom vorliegt. Von diesem Episom kann ein Protein hergestellt werden, das die Funktion des defekten/fehlenden Proteins übernehmen kann. 

Das Ziel der Gentherapie ist je nach Erkrankung unterschiedlich. Wie wirksam eine Gentherapie ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Nicht alle Menschen sprechen gleich darauf an.

Ein wichtiger Punkt ist, wie gut das neue Gen in die betroffenen Körperzellen gelangt. Das hängt unter anderem vom Zelltyp ab. Auch die Größe des Gens spielt eine Rolle: Bei manchen Krankheiten – zum Beispiel der Duchenne Muskeldystrophie – ist das Gen zu groß, um es mit dem Trägervirus zu transportieren. Bei anderen Krankheiten wie der spinalen Muskelatrophie ist das kein Problem.

Wie lange die Wirkung anhält, ist noch nicht genau bekannt und wird weiter erforscht. Auch wenn Gentherapien keine vollständige Heilung bringen, können sie das Leben möglicherweise verbessern – zum Beispiel durch mehr Selbstständigkeit und eine höhere Lebensqualität. 

Für die Duchenne Muskeldystrophie ist bereits eine Gentherapie in einigen Ländern zugelassen, zum Beispiel in den USA, in den Golfstaaten, in Israel, Brasilien und Japan. Die größte Evidenz liegt für die Altersgruppe der 4- bis 7-jährigen Buben vor, da diese in den Zulassungsstudien (Phase 3 Studien) behandelt wurden. Die Gentherapie kann möglicherweise zu einer Stabilisierung beziehungsweise zur Änderung des Krankheitsverlaufs führen. Es sind jedoch noch mehr Langzeitdaten und mehr Erfahrung notwendig, um die langfristige Wirkung zu zeigen.

Wie bei allen Therapien können auch bei Gentherapien Nebenwirkungen auftreten. Diese können unterschiedlich stark sein. Zu möglichen Nebenwirkungen von Gentherapien bei Duchenne Muskeldystrophie informiert die Neuropädiaterin Dr. Anna Wiesenhofer in unserem “Wir gen gemeinsam”-Podcast.   

Nein, das Erbgut (DNA) wird durch eine Gentherapie nicht verändert. Das zusätzliche Gen, das durch die Therapie in die Körperzellen eingebracht wird, fügt sich nicht in die Chromosomen ein – also nicht in den Teil der Zelle, der das Erbgut enthält. Stattdessen bleibt es außerhalb der Chromosomen als sogenannte „episomale DNA“ im Zellkern. Von dort aus kann das Gen ein wichtiges Eiweiß (Protein) herstellen, das die Funktion eines fehlenden oder fehlerhaften Proteins übernimmt.

Nach der einmaligen Gabe folgen über einen gewissen Zeitraum engmaschige Kontrollen an dem zuständigen Gentherapiezentrum. Alle Kontrolltermine einzuhalten, ist besonders wichtig. Auch langfristig sind Nachsorgeuntersuchungen wichtig – selbst Jahre nach der Behandlung. Denn nur so können verlässliche Daten zur Wirkung und Sicherheit der Gentherapie über längere Zeit gesammelt werden.

Grundsätzliche gibt es zwei Hauptformen der Gentherapie: Gentherapien im Körper (in vivo) und Zelltherapien außerhalb des Körpers (ex vivo).
 Bei der vektorbasierten Gentherapie im Körper wird das neue Gen direkt in den Körper eingebracht – meist mithilfe eines sogenannten Vektors, also eines „Transportmittels“. Häufig werden dafür harmlose Viren (z. B. AAV-Viren) verwendet. Solche Therapien gibt es bereits für genetisch bedingte Krankheiten wie eine bestimmte Augenerkrankung, spinale Muskelatrophie (SMA), Hämophilie (Bluterkrankheit) oder die Duchenne Muskeldystrophie.

Bei der Gentherapie außerhalb des Körpers werden körpereigene Zellen entnommen, im Labor gentechnisch verändert und dann wieder in den Körper zurückgegeben. So funktioniert zum Beispiel die CAR-T-Zelltherapie, die bei bestimmten Formen von Blutkrebs eingesetzt wird.

Eine weitere, noch neue Art der Gentherapie nutzt die sogenannte Genschere CRISPR-Cas9. Damit kann das Erbgut gezielt „geschnitten“ und verändert werden. Bei Krankheiten wie Beta-Thalassämie und schwerer Sichelzellkrankheit wird diese Art der Gentherapie bereits eingesetzt.

Ausführliche Informationen zu den verschiedenen Gentherapien sind auch hier zu finden:  https://www.roche.at/innovation/gentherapie

Bei einer AAV-Vektor-basierten Gentherapie wird eine einmalige Infusion verabreicht. Je nach Therapie müssen die Patienten gleichzeitig Kortison über einen gewissen Zeitraum nehmen, um die Reaktion des eigenen Immunsystems auf die Virusvektoren abzuschwächen. Weiters sind bestimmte engmaschige Kontrolluntersuchungen für einen gewissen Zeitraum notwendig. 

Um eine starke Reaktion des eigenen Immunsystems auf den AAV-Virusvektor zu vermeiden, muss vorab untersucht werden, ob der Patient bereits Antikörper gegen AAV hat. Das ist wichtig, weil diese – wie bei einer normalen Virusinfektion – eine Immunreaktion auslösen können. Sind Antikörper vorhanden, kann es sein, dass die Gentherapie mit AAV-Vektoren nicht in Frage kommt. 

Nein, im Moment ist nur eine einmalige Gabe möglich, da der Körper durch die AAV-basierte Gentherapie Antikörper gegen den AAV-Vektor gebildet hat. Bei einer zweiten Verabreichung würde das eigene Immunsystem zu stark reagieren.